Hättest du dir in deiner Schulzeit gewünscht, dass es ein Fach gibt, dass dir den richtigen Umgang mit Geld beibringt?
Ich habe mir das Thema Finanzen in der Schule gewünscht. Es hätte mir einige Umwege und Zeit erspart.
Das ist der Grund, warum ich gemeinsam mit meinen Co-Founderin Karolina Decker von FinMarie und Dragos Nedelcu, Schulgold ins Leben gerufen habe.
Schulgold ist eine digitale Lernplattform für Schüler*innen, die von Lehrern im Unterricht eingesetzt wird.
Wir haben Schulgold gegründet, um das Thema finanzielle Bildung in die Schulen zu bringen.
Im Rahmen von einem Interview sind mir spannende Fragen zum Thema finanzielle Bildung gestellt worden, die ich in der heutigen Podcastfolge gerne beantworten möchte.
Brauchen wir ein Schulfach Finanzen?
Unbedingt! Über 50 Prozent der Menschen in Deutschland haben keine finanzielle Bildung erhalten. Das ist eine riesige Herausforderung.
Die Kinder lernen in der Schule nicht, welche Bedeutung und Wert Geld hat. Aufgrund des Nichtwissens können sie häufig keinen gesunden Bezug herstellen. Sie lernen außerdem nicht, wie es ihnen gelingt, sich ein Leben voller finanzieller Fülle aufzubauen.
Es gibt in Deutschland viele finanzielle Analphabeten. Welche Grundkenntnisse sollten wir denn haben?
Es ist enorm wichtig, sich als erstes damit zu beschäftigen, was sich für ein Wert hinter Geld verbirgt. Das heißt, wieviel kosten bestimmte Dinge, die ich haben möchte.
Als zweites muss man Klarheit erlangen, wie viel Lebenszeit ein Mensch investiert hat, um diesen Wert zu schaffen. Hier hilft es festzustellen, dass der materielle Wert von Dingen ganz eng mit der Lebenszeit verknüpft ist.
Und das ist auch die Verbindung zur dritten Erkenntnis. Jede Zeit, die wir nicht mit unseren Freunden und unserer Familie verbringen können, kann dazu führen, dass wir uns nicht erfüllt fühlen.
Als viertes brauchen wir praktisches Wissen zur Umsetzung, wie es uns gelingt, uns ein Vermögen aufzubauen und welche Schritte dafür notwenig sind.
Welche Auswirkungen hat mangelnde finanzielle Bildung?
Menschen sind nicht in der Lage, fundierte finanzielle Entscheidungen zu treffen. Es entwickelt sich kein Selbstverständnis für Geld, weil sie den Wert gar nicht kennen.
Zur finanziellen Bildung gehört auch der Umgang mit Krediten. Es fehlt eine Aufklärung darüber, welche negative Spirale sich durch Verschuldung in Bewegung setzen kann. Kaufe dir nichts, was du dir nicht leisten kannst!
Wenn ich nicht von Anfang an lerne, einen strategischen Umgang mit Geld zu entwickeln, dann wird es mir schwerfallen, mein Vermögen aufzubauen. Das hat zur Folge, dass ich nicht in der finanziellen Fülle leben kann, in der ich gerne leben möchte.
Zudem führt mangelnde finanzielle Bildung dazu, dass Menschen nicht erkennen, dass sie alleine für ihre finanzielle Situation verantwortlich sind. Sie suchen einen „Schuldigen“, der für ihre Lage zuständig ist.
Reicht ein Kurs mit 18 Jahren für Finanzwissen nicht aus?
Das reicht aus meiner Erfahrung überhaupt nicht aus, weil wir mit 18 Jahren schon sehr weit in unserer persönlichen Entwicklung sind. Wir sind sehr wahrscheinlich das „Ergebnis“ aus unserem Umfeld.
Wenn ein Kind unter finanziellen Lebensumständen aufwächst, die von Verschuldung durch Kredite oder schlechten Geldgefühlen geprägt sind, dann ist der Weg mit den eigenen Finanzdingen total vorbelastet.
Da das Kind nicht weiß, dass es noch „andere“ finanzielle Wege gibt, werden die bekannten beschritten. Das Thema finanzielle Bildung muss unbedingt in die Schulen, um für unsere Kinder bessere Chancen zu schaffen!
Wird die Brisanz von finanzieller Bildung in der Politik unterschätzt?
Auf jeden Fall! Wenn Menschen nicht frühzeitig lernen, dass sie für ihre finanzielle Situation die volle Verantwortung tragen, dann kann eine Folge daraus sein, dass sich die Menschen verstärkt auf die sozialen Systeme verlassen und diese dann auch langfristig „belasten“.
Die Zahl verschuldeter Menschen ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Was sind die größten Verlockungen?
Weißt du, wie hoch die Verschuldung in Deutschland ist?
Sie liegt im Augenblick bei über 2 Billionen und 44 Milliarden Euro. Das heißt pro Kopf eine Summe von aktuell 24.600,- EUR. Pro Sekunde steigt die Verschuldung um knapp 10.000,- EUR! Diese Zahlen stammen vom 15.07.2020. Du kannst dich jederzeit über die aktuelle Verschuldung auf der Seite. Der Steuerzahler informieren.
Die Verschuldung nimmt täglich zu, weil die Menschen ein so wichtiges Grundprinzip nicht kennen und zum Teil nicht verstanden haben: Kaufe dir nur das, was du dir leisten kannst! Ich kannte früher auch nicht den Unterschied zwischen “Guten Schulden und schlechten Schulden”.
Es erfolgt eine große Fehlsteuerung der Wirtschaft, die mit Null-Prozent-Finanzierungen locken und es zum It-Faktor machen, bestimmte Dinge auf Pump zu kaufen. Banken und Wirtschaftsunternehmen verführen mit günstigen Konsumentenkrediten, und die Menschen sind dabei nicht ehrlich zu sich und gestehen sich nicht ein, dass sie sich bestimmte Dinge im Augenblick nicht leisten können.
Es ist wichtig, alternative Wege zu entwickeln, um sich Konsumwünsche zu erfüllen, ohne das es über eine Finanzierung läuft. Es ist überhaupt nicht gut, einen Urlaub, den du heute machst, die nächsten ein bis drei Jahre zurückzuzahlen. Wie willst du dir später einen Urlaub leisten, wenn du es heute schon nicht kannst?
Finanzielle Bildung ist für mich die Grundvoraussetzung für ein erfülltes und erfolgreiches Leben.
Was können Menschen tun, die dennoch in den Urlaub fahren wollen? Und wie kann ich mir mit wenig Geld z.B. auch ein Auto kaufen?
Wenn du in den Urlaub fahren möchtest oder dir bestimmte Dinge kaufen willst, obwohl dein Kontostand es nicht hergibt, kannst du die folgenden Alternativen nutzen:
- Wenn du verreisen willst und kein Geld hast, dann nutze Systeme wie Couchsurfing oder „Work and Travel“.
- Fange frühzeitig an, für deine finanziellen Wünsche auf einem extra Konto zu sparen.
- Nutze Marktplätze, die gebrauchte Gegenstände zu einem kleinen Preis anbieten.
- Kaufe dir ein Auto, das älter ist.
- Schaue dir an, in welchen Alltagssituationen du sparen kannst. Das kann zum Beispiel dein täglicher Kaffee-to-go sein.
- Entwickle Ideen, um dein Einkommen zu erhöhen.
Menschen mit geringerer finanzieller Grundbildung schließen eher teure Kredite ab, sparen weniger für ihr Alter und wissen häufig nicht einmal, welchen effektiven Zinssatz sie für Kredite bezahlen. Dabei sind es vermeintlich einfache Konzepte, die zumindest helfen würden, nicht in eine Schuldenfalle zu geraten.
Welche einfachen Konzepte gibt es, um nicht in die Schuldenfalle zu geraten?
Ein wichtiges Thema! Ihr mangelndes Wissen auf der einen Seite und ihre schlechten Geldgefühle auf der anderen, führen sie in diese engen Situationen.
Dabei gibt es einfache Tipps, mit denen es dir gelingen kann, dir ein Leben ohne Schulden und mit Vermögen aufzubauen:
- Mache eine knallharte Betrachtung, wo du heute finanziell stehst: Was kommt monatlich rein? Und stelle im zweiten Schritt fest, wie hoch deine monatlichen Kosten sind. Zu den Fixkosten gehören deine Miete, Strom, Telefon, Sparraten, Krankenversicherung, Lebensmittel … Zu deinen variablen monatlichen Kosten gehören, zum Beispiel deine jährlichen Versicherungsbeiträge, Urlaube, besondere Ausgaben. Sei bei der Betrachtung ganz genau!
- Kaufe dir keine Dinge, die du dir heute nicht leisten kannst. Die einzige Ausnahme ist für mich der Kauf einer Immobilie.
- Lasse den Dispositionskredit auf deinem Konto streichen! Es gibt Untersuchungen die zeigen, dass ein Dispo irgendwann von fast jedem in Anspruch genommen wird.
- Nutze keine Kreditkarten, wenn es nicht wirklich notwendig ist, zum Beispiel als Kaution für einen Mietwagen. Die meisten Kreditkarten haben eine monatliche Abrechnung. Es gibt dann diesen einen Tag im Monat, an dem „Zahltag“ ist. Häufig verliert man aus den Augen, weil die Ausgabe schon ein paar Wochen zurückliegt. Man wird überrascht und hat dann möglicherweise ein Problem.
- Wenn du dieses Gefühl hast, dass du bestimmte Gegenstände unbedingt haben musst, dann warte auf jeden Fall 24 Stunden, bevor du es im echten Leben oder im Internet kaufst. Diese Methode nenne ich „Wait 24h Honey“. Das bewahrt dich vor unnötigen Ausgaben, weil das „Ich muss das unbedingt haben Gefühl“ am nächsten Tag nur noch bei 20 Prozent liegt und du deinen Kauf, der heute so wichtig war, sehr wahrscheinlich nicht mehr tätigst.
- Lege das Geld, das du sparst, in eine extra Box oder auf ein extra Konto und schaue dir nach sechs Monaten an, wieviel zusammengekommen ist.
- Informiere dich ausführlich, bevor du Dinge abschließt und schließe sie nur ab, wenn du sie auch verstehst!
- Lege konsequent von jeder Einnahme (Gehalt, Rechnungen, Sonderzahlungen, Geburtstagsgeld, etc.) eine feste prozentuale Zahl, zum Beispiel 10 bis 15 Prozent auf ein gesondertes Konto.
Welchen Geheimtipp kannst du uns noch zum Thema Sparen verraten?
Das ist gar nicht so schwer. Beim Kleingeld ich empfehle ich dir, täglich dein Portemonnaie von deinen Münzen zu entleeren und damit dein Sparschein zu füttern. Du wirst nach einem Jahr überrascht sein, wieviel in seinem kleinen Bauch Platz findet.
Wir streben oft nach den großen Dingen und vergessen dabei die kleinen.
Und bezahle alles in bar! Damit du siehst, wieviel du wirklich in der Woche ausgibst. Das führt dazu, dass du viel bewusster bist, wenn du Ausgaben tätigst, weil du sie direkt spürst.
Finanzielle Bildung darf unbedingt in die Schulen als fester Bestandteil einziehen!
Wir haben Schulgold gegründet, um das Thema finanzielle Bildung in die Schulen zu bringen. Schulgold ist eine digitale Lernplattform für Schüler*innen, die von Lehrern im Unterricht eingesetzt wird.
Wir brennen für das, was wir tun, weil wir tief davon überzeugt sind, dass finanzielle Bildung unsere Gesellschaft voranbringt.